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Harald Schmidt ungeimpft? Management will sich nicht äußern


Corona-Wirbel um Harald Schmidt
Er ist nicht mehr zu retten

  • Steven Sowa
MeinungVon Steven Sowa

Aktualisiert am 05.01.2022Lesedauer: 4 Min.
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Harald Schmidt: Ist sein Zynismus im Hinblick auf die Corona-Lage im Land nicht völlig fehl am Platz?Vergrößern des Bildes
Harald Schmidt: Ist sein Zynismus im Hinblick auf die Corona-Lage im Land nicht völlig fehl am Platz? (Quelle: imago/STAR-MEDIA)

Ist er noch ungeimpft oder kokettiert er nur damit? Fest steht: Mit seinen Corona-Aussagen sorgt Harald Schmidt für Unruhe. Und das zu einem Zeitpunkt, an dem sich die Wut der Radikalen entlädt. Eine fatale Mischung.

Harald Schmidts Impfstatus spielt keine Rolle, eigentlich. Es ist völlig irrelevant, ob er nun den Ärmel hochgekrempelt, sich solidarisch gezeigt und für seine eigene und die Gesundheit anderer einen Piks in den Oberarm in Kauf genommen hat. Fakt ist: Wir wissen nicht, ob der 64-Jährige immunisiert ist oder nicht. Sein Management möchte sich dazu auf Nachfrage von t-online nicht äußern, verweist darauf, dass Harald Schmidt noch "in den Ferien" weilt.

Er selbst hat es trotzdem geschafft, sich über die Frage nach seinem Impfstatus ins Gespräch zu bringen. Denn ganz ehrlich: Wann haben Sie das letzte Mal etwas von Harald Schmidt gehört? Ja, genau, richtig. So Mitte 2021 vielleicht, als er ebenfalls darüber sprach, warum er aus reiner Bequemlichkeit und vorgetäuschtem Altruismus noch keinen Impftermin gemacht habe. Bereits zu diesem Zeitpunkt hätte er mehr als ein halbes Jahr Zeit gehabt – zumal als über 60-Jähriger –, zur Impfkampagne beizutragen.


Doch Schmidt kokettiert mit dem Nicht-Geimpftsein. Es beschert ihm Aufmerksamkeit. Als er dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" seine Geschichte auftischte, merkte er: Die Medien springen an. Nun hat er diesem Impuls im Interview mit der "Neuen Zürcher Zeitung" erneut nachgegeben. Es erinnert an die Methoden eines Kleinkindes: Wenn die Eltern einmal auf das Gekreische reinfallen, heult es einfach immer wieder, um seinen Willen zu bekommen.

Der kleine, aber feine Unterschied ist nur: Harald Schmidt ist eine Fernsehlegende. Er genießt einen Ruf, der ihm auch weit nach dem Ende seiner TV-Karriere noch den Status eines gern gesehenen Interviewpartners beschert. Das Argument mit der Vorbildfunktion von Prominenten mag seit Joshua Kimmich und der Diskussion um die Corona-Impfung des FC-Bayern-München-Spielers abgenutzt erscheinen, aber es ist deshalb nicht weniger wahr.

Schmidt gefällt sich in der Rolle des Unruhestifters

Harald Schmidt ist offenbar längst kein Vorbild mehr. Womöglich mehr noch: Er ist nicht mehr zu retten – in seiner Rolle, sich im Ruhestand Gehör zu verschaffen.

Der einstige Late-Night-Talker gefällt sich immer noch darin, Unruhe zu stiften. Jahrelang waren es seine Witze und seine Scharfzüngigkeit in der "Harald Schmidt Show", die die ganze Republik in Aufruhr versetzen konnten. Manchmal hatten seine Kommentare sogar Relevanz für gesellschaftliche Debatten im Land. Diese bedeutsamen Zeiten sind vorbei – Schmidt findet nur noch in Podcast-Nischen oder seltenen Interviews statt. Doch die Techniken der Aufmerksamkeitsökonomie beherrscht er immer noch.

Ist es also seine Egomanie, die ihn zu irritierenden Witzen über das Coronavirus treibt (mehr dazu lesen Sie hier)? Eine Art antiquierte Geltungssucht? Oder will er nur witzig sein und ist es einfach nicht mehr? Schließlich schreibt ihm kein Autorenteam mehr Punchlines in den Notizblock. Kein intelligenter Mensch kann heute ernsthaft noch einen Gag feiern, in dem das HI- und das Coronavirus in einen Kontext geworfen werden – nur um billige Lacher zu ernten.

Manche Kritiker des früher mit Vorliebe vom Feuilleton angehimmelten Schmidt mögen nun einwenden, dass der Moderator seit jeher ein alter weißer Mann war. Also eine jener bundesrepublikanischen Größen, die mit Altherrenwitz und überheblicher Geste auf alles geschossen haben, was "unter ihnen" stattfand. Eine Kunstfigur also, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, bewusst arrogant und allwissend aufzutreten, teflonartig alles an sich abperlen zu lassen und gut austeilen zu können.

Mit dieser Art Zynismus ist allerdings in einer ohnehin aufgeheizten Stimmung im Land kein Blumentopf zu gewinnen, ganz im Gegenteil. Auf den Straßen radikalisieren sich Impfgegner und Corona-Leugner und zugleich witzelt Harald Schmidt bei der konservativen NZZ über Impfungen und Corona. Das ist eine hochproblematische, wenn nicht gar gefährliche Mischung. Harald Schmidt gießt Öl ins Feuer – ohne sich selbst die Finger zu verbrennen. Wer das nicht glaubt, braucht nur die Kommentare zu seinem neuesten Interview in den sozialen Medien zu lesen.

Schmidts Saturiertheit steht für ein gestriges Deutschland

Er sei auf einem "guten und vernünftigen Weg, 2G zu erfüllen", schwadroniert Schmidt gezielt vage. Nur um am Ende wieder in alter Harald-Schmidt-Elfenbeinturm-Manier sagen zu können: War doch nur ein Witz. Wer das nicht versteht, ist zu doof. Das war nur meine Kunstfigur, die ein launiges Interview geben wollte. Damit schiebt er die Aufregung um seine Aussagen auf die, die sie verbreiten. "Don't shoot the messenger", tönt es da aus den Winkeln der Medientheorie.

Die schlechte Nachricht, die Harald Schmidt verbreitet, ist die: Er liefert verballhornten Gegnern der Corona-Maßnahmen einen prominenten Namen, auf den sie sich berufen können. Wenn nun Engstirnige und Faktenverweigerer künftig mit Harald Schmidt argumentieren, braucht sich die Ex-Größe der deutschen Unterhaltungsbranche nicht zu wundern.

Vielleicht war es ihm schon immer egal, aus welcher Ecke er Beifall bekam. Aber der Mehrheitsgesellschaft, einst Schmidts Quotenlieferant, Förderer seiner Reichweite und somit Garant seines Stimmgewichts, darf es nicht egal sein. Warum sollte ein Mann, der nirgends mehr eine Rolle spielt, mit fragwürdigen Aussagen eine ohnehin schwierige, zerfahrene Situation weiter verkomplizieren? Ein Mann, der mit seiner Saturiertheit so weit weg ist von den Problemen unserer Zeit, dass er für ein gestriges Deutschland steht. Solche Botschafter braucht kein Mensch. Stattdessen sind gesellschaftliche Vorbilder nötig, die dazu beitragen, dass ein gesellschaftlicher Konsens hergestellt wird: Corona ist keine Witzvorlage, sondern ein ernsthaftes Problem. Und wer sich nicht impfen lässt und öffentlichkeitswirksam damit hausieren geht, trägt wesentlich dazu bei, dass dieses Problem so schnell nicht verschwindet.

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